Die Photovoltaik (PV) war laut Zahlen des Think Tanks Ember im Juni mit 22,1 Prozent erstmals größte Stromerzeugungsquelle in der EU. Immer höhere Mengen an erneuerbarem Strom im System führen zu einer rasanten Entwicklung in der Branche. Dabei müssen erneuerbare Anlagen zunehmend systemrelevante Funktionen im Stromnetz übernehmen. Solare Hybridanlagen (PV+BESS) und auch Stand-Alone-BESS können sogenannte Systemdienstleistungen (SDLs) bereitstellen, die zur Stabilität im Stromnetz beitragen. Gleichzeitig bietet dieser Marktbereich neue Geschäftsmodelle, die die Finanzierbarkeit von PV+BESS-/Stand-Alone-BESS-Projekten verbessern.
Als Systemdienstleistungen (SDL) werden Dienstleistungen bezeichnet, die notwendig sind, um einen zuverlässigen und stabilen Betrieb des Stromsystems, vor allem des Stromnetzes, zu gewährleisten.
Zu den durch SDLs erbrachten Funktionen zählen:
Europaweit werden SDLs größtenteils von den Übertragungs- (ÜNB) und Verteilnetzbetreibern (VNB) organisiert. Dabei gibt es in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Modelle bezüglich der Marktöffnung (Ausschreibungen, bilaterale Abkommen) und Technologieintegration (fossile/thermische Kraftwerke, PV+BESS).
Im Gegensatz zu Kapazitätsmechanismen geht es bei SDLs darum, kurzfristig auf Änderungen im Stromnetz reagieren zu können. In einem System mit einem zunehmenden Anteil an erneuerbar erzeugtem Strom steigt die Bedeutung der SDLs aus verschiedenen Gründen:
Daher wird die Übernahme von SDLs durch PV+BESS/BESS entscheidend dafür sein, ob ein Energiesystem mit hohen Anteilen an erneuerbaren Energien funktioniert. Auch erneuerbare Erzeugungsanlagen ohne BESS können SDLs erbringen – jedoch nur in eingeschränktem Maße: Sie können Blindleistung bereitstellen.
In Deutschland gibt es verschiedene Beschaffungs- und Marktmechanismen für SDLs, an denen solare Hybridkraftwerke und Stand-Alone-Speicher zum Teil bereits teilnehmen. Die baldige Reformierung dieser Mechanismen wird jedoch neue Geschäftsmodelle für diese Anlagentypen eröffnen:
Ziel ist es, dass sich auch erneuerbare/BESS-Kapazitäten an diesem Markt beteiligen können. Die technische Voraussetzung dafür ist, dass die Anlagen netzbildende Funktionen übernehmen – dies können sie, wenn sie mit einem netzbildenden Wechselrichter ausgestattet sind.
Auch die Schwarzstartfähigkeit und das eigenständige Vorgeben von Frequenz und Spannung wird erst mit der netzbildenden Technologie, bestehend aus BESS und einem netzbildenden Wechselrichter, möglich – und damit die Übernahme komplexer SDLs, die bisher konventionelle Kraftwerke bereitgestellt haben. Als wichtiger Schritt auf diesem Weg wurden in den Jahren 2024 und 2025 in Deutschland technische Richtlinien und Standards (für netzbildende Eigenschaften von Wechselrichtern erlassen).
Hybridkraftwerke mit PV+BESS und Stand-Alone-BESS erzielen ihre Erlöse unter anderem mit Arbitragegeschäften und der Vermarktung von Strom auf dem Spotmarkt. Die Einkommensströme und daher die Rentabilität der Anlagen sind folglich von volatilen Marktpreisen abhängig Arbitragegeschäfte bieten die Grundlage für Fremdfinanzierung, wohin gegen SDLs die Rendite für Eigenkapital erhöhen können. Sie bieten eine Möglichkeit, die Erlöse von PV+BESS/ BESS zu diversifizieren.
In einigen Märkten – etwa Großbritannien – kombinieren Projekte die Teilnahme an SDL-Märkten mit Tolling-Verträgen. So lassen sich feste Einnahmen aus den Verträgen mit flexiblen Markt- und SDL-Erlösen koppeln.
Mit der Einführung von Momentanreserve-Märkten und der Blindleistungsbeschaffung entstehen in Deutschland neue Vergütungsmöglichkeiten für Anlagen, die netzbildende Fähigkeiten haben.
Ein Beispiel dafür ist das jüngst eingeführte Marktmodell für „Quick Reserve“ in Großbritannien, das laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Cornwall Insight innerhalb eines Jahres zu einer Verfünffachung der Einkommensströme aus SDLs für BESS geführt hat. Jedoch wird laut Cornwall Insight mit zunehmender Batteriekapazität in Großbritannien eine Sättigung dieses Markts mit fallenden Preisen erwartet.
Die erneuerbaren Energien müssen Systemverantwortung übernehmen – dies können sie in Verbindung mit Batteriespeichern und netzbildenden Wechselrichtern. Das SDLs zukünftig von solaren Hybridanlagen oder Stand-Alone-BESS erbracht werden können, eröffnet neue Geschäftsmöglichkeiten und eine gesunde Diversifizierung von Einkommensströmen für Anlagenbetreiber. Gleichzeitig zeigt die konstante Entwicklung der netzbildenden Technologie, dass die Lösungen für eine 24/7-Versorgung mit Erneuerbaren Marktreife erlangt haben und ein schneller Rollout dieser für das Gelingen der Energiewende ausschlaggebend ist.