„Wir geben dem Kunden mehr Freiheit“

Start-up Interview – 21. Februar 2024

Wilhelm Appler ist beim Start-up clever-PV für die Finanz- und Geschäftsentwicklung zuständig.

Das junge Unternehmen clever-PV hat eine niederschwellig nutzbare App entwickelt, mit der sich Stromverbräuche im Haus optimal an die eigene Erzeugung einer PV-Anlage und auch an dynamische Stromtarife anpassen lassen.

Wilhelm Appler ist für die Finanz- und Geschäftsentwicklung zuständig und erklärt das Konzept des Unternehmens.

Herr Appler, wie kam es zur Gründung von clever-PV?

Das Unternehmen entstand, nachdem einer der Gründer privat auf eine Marktlücke gestoßen war. Danny Klose, einer der beiden heutigen Geschäftsführer, stellte im Jahr 2021 fest, dass es am Markt kein einfaches Softwareprodukt gab, das eine Kommunikation seiner Wallbox mit seiner Photovoltaikanlage erlaubte.

Alles, was es gab, setzte teure Hardware voraus, etwa Steuerboxen und Gateways. Danny, der als Maschinenbau-Ingenieur in einem M-Dax-Konzern arbeitete, entschied sich, zusammen mit seinem Bruder Hannes, einem Software-Ingenieur, eine private Lösung zu entwickeln, die eben keine neue Hardware braucht.

Das Projekt war am Anfang also nur für den Eigenbedarf gedacht?

Ja, genau. Und wie es in solchen Fällen mitunter vorkommt, meldeten sich anschließend Freunde, Bekannte, Nachbarn, die auch gerne eine solche Software nutzen wollten. Die beiden Brüder bauten dann – noch immer in ihrer Freizeit – eine entsprechende IT-Plattform auf. Als diese dann bereits 2022 knapp 3.000 Nutzer hatte, ließ sich das Projekt nicht mehr länger als Hobby weiterführen.

Die beiden Brüder kündigten ihre Jobs und gründeten die Firma clever-PV, um die Software dann zur einfachen App fürs Smartphone weiterzuentwickeln. clever-PV ist also kein klassisches Start-up, das von Anfang an das Ziel hatte einen Geschäftsbetrieb aufzubauen. Wir sind vielmehr von den Kunden zur Gründung getrieben worden.

Die Kunden brauchen für Ihre App keine neue Hardware, sagen Sie. Wie geht das?

Die Wechselrichter von PV-Anlagen kommunizieren heute in der Regel ohnehin mit einem Portal des Herstellers – die nötige Hardware ist also oft schon beim Kunden vorhanden. Auch die Wallboxen verfügen über die nötige Dateninfrastruktur. Man muss die Geräte also nur entsprechend ansteuern und die Daten so aufbereiten, dass die unterschiedlichen Geräte im Haus miteinander kommunizieren und entsprechend agieren können.

Dafür haben wir inzwischen die Wechselrichter von 25 Herstellern und mehr als 60 Wallbox-Modelle in unsere App integriert. Unser System hat gegenüber Firmenlösungen den Vorteil, dass es herstellerunabhängig ist.

Was können die Kunden mit der App alles machen?

Die Nutzer können vor allem ihren Eigenverbrauch optimieren. Wenn die PV-Anlage Strom liefert, wird zum Beispiel automatisch zeitgleich das Auto geladen – immer mit dem Ziel, den eigenen Strom weitestgehend zu nutzen und Strombezug aus dem Netz zu minimieren. Auch Wärmepumpen und selbst Haushaltsgeräte, wie etwa die Wasch- oder Spülmaschine, können so über die App gesteuert werden.

Wenn die Geräte selbst nicht für eine Datenkommunikation ausgerüstet sind, kann man einfach eine smarte Steckdose zwischenschalten, die über Wlan gesteuert wird. Auch Heimspeicher kann man natürlich in das System integrieren. Die Komponenten lassen sich auch priorisieren, etwa bei der Frage, ob zuerst das Auto oder der Heimspeicher geladen werden soll, wenn Strom vom Dach kommt.

Und was kann Ihr System, was die Plattformen der Hersteller von Geräten, etwa von Wechselrichtern, nicht können?

In der Tat haben auch viele Wechselrichter- und Wallbox-Hersteller bereits ein Energiemanagement implementiert. Der wesentliche Unterschied ist jedoch, dass diese Lösungen meist nur mit den Geräten der eigenen Marke kompatibel sind. Damit ist der Kunde bei der Wahl der Geräte sehr stark eingeschränkt und muss beispielsweise teure Wallboxen ohne Phasenumschaltung kaufen, um PV-Überschussladen nutzen zu können. Wir geben dem Kunden somit mehr Freiheit bei der Wahl der Geräte. Außerdem steht bei uns die App als Produkt im Fokus während für viele Hardware-Hersteller die App lediglich ein Beiprodukt ist. Damit sind wir häufig deutlich einfacher zu bedienen und bieten bessere Features.

Um die eigene Stromrechnung zu verringern, können Prosumer ihren Stromverbrauch in Zukunft auf Basis dynamischer Tarife vermehrt in preisgünstige Stunden verlagern. Ist Ihr System darauf vorbereitet?

Wir haben gerade ein Update veröffentlicht, das genau das macht. So kann zum Beispiel das Elektroauto in der Nacht zum günstigsten Netztarif geladen werden. Theoretisch kann die App in Zukunft auch eine Rückspeisung aus dem Auto-Akku oder dem Heimspeicher organisieren, wenn die aktuellen Strompreise am Markt das attraktiv machen – „bidirektionales Laden“ sagt man beim Fahrzeug dazu. Dieses Konzept scheitert im Moment zwar noch an regulatorischen Fragen, doch wenn das zulässig ist, wird das mit unserer Software auch möglich sein.

Sie sprachen von einem niederschwelligen Angebot. Betrifft das auch die Kosten?

Ja, natürlich. Interessenten könne unsere App kostenlos zwei Wochen testen, anschließend kostet sie drei Euro im Monat, wenn man alle Funktionen weiterhin nutzen möchte. Eine Basisversion bleibt kostenfrei. So konnten wir in kurzer Zeit schon 21.000 registrierte Nutzer gewinnen. Die schätzen auch sehr unsere „offene Roadmap“. Da können sie nämlich eintragen, welche Funktionen sie sich als Ergänzung noch wünschen. Das ist für uns eine wichtige Rückmeldung. Entsprechend wächst unser System dann weiter.

Und das gibt es nur für Deutschland, oder auch schon für die Nachbarländer?

Wir sind auch in der Schweiz und in Österreich schon vertreten. Es gibt zwar bei den regulatorischen Details noch nationale Unterschiede – in der Schweiz zum Beispiel sind die Stromanbieter im Privatkundenbereich noch Monopolisten –, aber das haben wir schon entsprechend in der App länderspezifisch umgesetzt. Anfragen kommen inzwischen aber auch aus weiteren Ländern, zum Beispiel den Niederlanden.

Welche Bedeutung haben solche Prosumersysteme grundsätzlich für das Gelingen der Energiewende?

Eine sehr große. Die erneuerbaren Energien sind fluktuierende Stromerzeuger, deswegen ist es wichtig, dass jene Stromverbraucher, die zeitlich flexibel sind, sich bestmöglich nach dem Angebot ausrichten. Aus diesem Grund sollen ja künftig die dynamischen Stromtarife auch an Bedeutung gewinnen. Die flexibilisierte Nachfrage kann damit zur Stabilität des Stromnetzes beitragen.

Was erhoffen Sie sich von der EM-Power?

Wir wollen zum einen selbst sehen, wohin der Markt sich entwickelt. Wir wollen uns aber natürlich auch den potenziellen Kunden präsentieren. Darüber hinaus sind wir offen für Partnerschaften. Wir bieten unsere App auch als White-Label-Option an, dann können Hersteller sie zur Kundenbindung einsetzen.

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