„So einfach wie Carsharing“

Interview – 18. September 2023

David Krehan, Senior Referent dezentrale Erzeugung, Gaswirtschaft und EU beim bne

Interview mit David Krehan vom bne über die Förderung von Prosuming und Energy Sharing in Deutschland

Das Potenzial von Prosuming ist riesig, doch dezentral erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien gemeinsam zu nutzen bzw. zu teilen, ist bislang noch mit vielen Hürden verbunden. Dabei sind Prosuming und Energy Sharing Schlüsselelemente der Energiewende. Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) setzt sich für eine möglichst einfache Vor-Ort-Versorgung mit erneuerbaren Energien ein. Was sich politisch dafür schon getan hat und wo es noch Verbesserungsbedarf gibt, das erläutert David Krehan, Senior Referent dezentrale Erzeugung, Gaswirtschaft und EU beim bne im Interview.


Das Solarpaket der Bundesregierung will die Rahmenbedingungen für Prosumer verbessern. Wie bewerten Sie die Änderungen?

Bislang hat sich Prosuming hauptsächlich auf Eigenheime und Gewerbeeinheiten beschränkt. Es gibt zwar seit 2018 die EEG-Mieterstromförderung. Wegen der viel zu komplizierten und bürokratischen Anforderungen ist sie jedoch nie richtig im Markt angekommen. Mit dem Solarpaket 1 will die Bundesregierung die gemeinsame Eigenversorgung aus PV-Anlagen in Mehrparteiengebäuden einfacher machen. Auch Gebäude mit Gewerbeeinheiten sollen jetzt von der Förderung profitieren.

Parallel dazu soll ein völlig neues Modell der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung eingeführt werden. Die Eigentümerstruktur der Gebäude steht der Entwicklung von dezentralen Energiekonzepten dann nicht mehr im Weg. Wohnungseigentümer können sich einfach für die gemeinschaftliche Nutzung des PV-Stroms entscheiden. Gleichzeitig werden sie nicht gezwungen, ihren eigenen Stromanbieter für die noch benötigten Reststrommengen zu wechseln. Das ist schon eine kleine Revolution. Wichtig ist jetzt, dass auch das Zwischenspeichern von Strom in den Gebäuden und das Laden von Elektroautos problemlos möglich ist.

Reicht das, um die Potenziale von Prosumern voll zu nutzen?

Nein, denn die Regelungen bleiben bislang auf einzelne Gebäude beschränkt. Um das Prosumer-Potenzial zu entfesseln, ist Energy Sharing vor Ort der richtige Hebel. Gemeint ist damit das Recht von Haushalten, Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen, sich aktiv an der gemeinsamen Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen zu beteiligen und Strom über das Netz der öffentlichen Versorgung lokal zu teilen.

Was muss geschehen, damit Energy Sharing in Deutschland zum Erfolg wird?

Wir brauchen eine möglichst einfache, diskriminierungsfreie und unbürokratische Ausgestaltung für die Energy Sharing-Gemeinschaften. Das Ganze muss so einfach werden wie Carsharing. Ein schlichter privatwirtschaftlicher Vertrag sollte reichen. Wesentliche Prämissen sind eine eigenständige energierechtliche Definition des Energy Sharing, die Digitalisierung und eine systemorientierte Ausgestaltung der Netznutzung. Gleichzeitig muss das öffentliche Netz mitgedacht werden. Neben einem beschleunigten Verteilnetzausbau müssen dezentrale Erzeugungs- und Flexibilitätsoptionen systematisch und marktbasiert für den Netzbetrieb zur Verfügung stehen.

In Ihrem Impulspapier schlagen Sie ein neues Betriebssystem für die dezentrale Energiewende vor. Was hat es damit auf sich?

Lokales Energy Sharing braucht einen neuen Rahmen. Wir haben klare Abrechnungs- und Bilanzierungsvorgaben entwickelt, die sich an der energiewirtschaftlichen Praxis orientieren. Die Abrechnung für die lokalen Gemeinschaften muss so einfach wie möglich sein. Gleichzeitig müssen Dritte wie Netzbetreiber und Stromlieferanten sicher und verlässlich Strommengen ausgleichen und beschaffen können. Konkrete Vorschläge dazu finden sich in unserem Impulspapier .

Ein einheitliches Betriebssystem ist außerdem die Voraussetzung für die Skalierungsfähigkeit von innovativen Lösungen. Neue Plattformen und Services werden Vor-Ort-Modelle erleichtern und zum Standard machen.

Welche Rolle spielt dabei die Einbindung des öffentlichen Netzes?

Das Netz der öffentlichen Versorgung ist das verbindende Element der Vor-Ort Versorgung. Andernfalls stünden Versorgungsgemeinschaften vor der Wahl, parallel Stromleitungen privat zu errichten. Diese Fragmentierung und partielle Dopplung der Netzinfrastruktur auf lokaler Ebene kann sowohl aus systemischer Sicht als auch aus Perspektive der einzelnen Netzbetreiber nicht gewollt sein, denn Flexibilitätsoptionen gehen ihm so dauerhaft verloren.

Wir plädieren daher dafür, Energy Sharing vor Ort auf klar definierten Netzebenen einfach und pauschaliert zu reduzierten Netzentgelten zu ermöglichen. So leisten wir unseren Beitrag, verhindern übermäßige Bürokratie und erhöhen die Transparenz für die Versorgungsgemeinschaft. Perspektivisch bedarf es jedoch einer grundsätzlichen Netzentgeltreform. Variable Flexibilitätsprämien des Netzbetreibers müssen dann in Zeiten eines hohen Angebots an erneuerbarer Energie netzdienliches Verhalten aller Marktparteien anregen. Variable Netzentgelte adressieren nur die Verbraucher und lassen alle anderen Flexibilitätsoptionen außen vor.

Welchen Mehrwert bietet Energy Sharing für Bürgerinnen und Bürger?

Zum einen entstehen neue Gemeinschaften, in denen sich die Menschen vor Ort gegenseitig zum Umstieg auf erneuerbare Energien motivieren. So entsteht ein Zusammenhalt, die Energiewende wird zum Mitmach-Projekt. Verbraucher sind außerdem wesentlich unabhängiger von den Preisschwankungen fossiler Brennstoffe. Energy Sharing aus erneuerbaren Energien erhöht damit die Resilienz gegenüber externen Schocks und verringert geopolitische Risiken.

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